
Die Faszination Oldtimer liegt im Originalzustand. Doch gerade die Elektrik und Beleuchtung heutiger Klassiker entsprechen oft nicht mehr den Sicherheitsstandards. Die Nachrüstung der Warnblinkanlage ist eine Maßnahme für mehr Sicherheit, gleichzeitig aber auch eine gesetzliche Pflicht.
In diesem umfassenden Leitfaden erfährst du, warum der Warnblinker in deinem Fahrzeug nicht fehlen darf, welche Besonderheiten bei 6V/12V-Systemen und US-Importen zu beachten sind und wie die Anlage zeitgenössisch und konform zum H-Kennzeichen eingebaut werden kann und sollte.
Warnblinkanlage am Oldtimer: Warum und wann die Nachrüstung Pflicht ist
Grundsätzlich gilt für Oldtimer der Bestandsschutz: Es gelten die Vorschriften, die zum Zeitpunkt der Erstzulassung gültig waren. Diese in den Übergangsvorschriften genannten Ausnahmen sind für den Bestandsschutz unabdingbar, denn ohne sie würden sich alte Fahrzeuge in aller Regel schon bald nach der Zulassung nicht mehr auf unseren Straßen bewegen dürfen. Es gibt jedoch einige wenige essenzielle Ausnahmen. So muss zum Beispiel eine funktionierende Warnblinkanlage zwingend an Bord sein. Der Hintergrund in diesem Fall liegt in der allgemeinen Verkehrssicherheit und damit der Sicherstellung der Unversehrtheit eines jeden. Gerade im Oldtimer, wo eine Panne im Fahrbetrieb und das Stehenbleiben im fließenden Verkehr nicht auszuschließen sind, sollten wir dankbar sein, wenn wir sie im Ernstfall nutzen können.
Die Geschichte vom Blinker zur Warnblinkanlage
Der Weg bis zur Warnblinkanlage nach heutiger Funktionsweise war lang und spannt sich von der Einführung erster Blinkanlagen in den 1920er Jahren bis zur gesetzlichen Verpflichtung von Warnblinkanlagen mehr als ein halbes Jahrhundert später:
- 1922: Ursprünglich als Winker konzipiert, die komplett aus dem Fahrzeug ausklappten, wurden erste Armwinker (manuell/Bowdenzug) patentiert.
- 1925: Bosch entwickelt einen elektrisch betätigten Winker, der zudem mit einem Leuchtmittel ausgestattet ist.
- 1938: Erteilung eines in den USA von Albert Foulks im Jahr 1936 angemeldeten Patents (US2141210A), das erstmals Überlegungen zur Warnblinkfunktion berücksichtigt.
- 1950er: Erste Nachrüstlösungen für Warnblinkanlagen, primär für Omnibusse
- 1956: Neufahrzeuge in Deutschland sollen gemäß Straßenverkehrs-Zulassungsordnung nur noch mit einer elektrischen Blinkanlage (keine Winker) ausgestattet werden.
- 1970: Allgemeine Verpflichtung zur Ausstattung von Neufahrzeugen mit Warnblinkanlagen und Ausgestaltung heutiger Bauart (gelb-orangefarben anstatt rote Blinker hinten)
- 01.04.1974: Nachrüstpflicht für alle dem TÜV oder ähnlichen Vereinen vorgeführte Fahrzeuge.
-
1976: Durchgehende Verpflichtung zum Vorhandensein an allen Fahrzeugen.
Die heutige gesetzliche Grundlage
Die heutige gesetzliche Lage beschreibt die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) genau:
Im O-Ton schreibt §53 der StVZO heute:
[...]
(4) Fahrzeuge (ausgenommen Kraftfahrzeuge nach § 30a Absatz 3 mit Ausnahme von dreirädrigen Kraftfahrzeugen), die mit Fahrtrichtungsanzeigern ausgerüstet sein müssen, müssen zusätzlich eine Warnblinkanlage haben. Sie muss wie folgt beschaffen sein:
1. Für die Schaltung muss im Kraftfahrzeug ein besonderer Schalter vorhanden sein.
2. Nach dem Einschalten müssen alle am Fahrzeug oder Zug vorhandenen Blinkleuchten gleichzeitig mit einer Frequenz von 1,5 Hz ± 0,5 Hz (90 Impulse ± 30 Impulse in der Minute) gelbes Blinklicht abstrahlen.
3. Dem Fahrzeugführer muss durch eine auffällige Kontrolleuchte nach § 39a angezeigt werden, dass das Warnblinklicht eingeschaltet ist.(5) Warnblinkanlagen an Fahrzeugen, für die sie nicht vorgeschrieben sind, müssen den Vorschriften des Absatzes 4 entsprechen.
Ausnahmen und Besonderheiten
Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Nachrüstung bei bestimmten Fahrzeuggruppen.
Warnblinkanlagen an US-Importen
Viele Oldtimer, die aus den USA importiert werden, besitzen bis heute keinen Warnblinker. Da die Gesetzeslage auf der anderen Seite des Atlantiks anders war, wird die Nachrüstung in diesen Fällen oft etwas komplizierter.
US-Fahrzeuge nutzen häufig eine einzige kombinierte Glühlampe pro Seite für Brems- und Blinklicht. Beim Bremsen pulsiert in diesem System der Blinker nicht – ein Problem für die Funktion des Warnblinkers in Deutschland.

Die Lösung: Für diese Fahrzeuge sind spezielle Kontrollrelais oder Steuergeräte erforderlich, die die Signale so trennen, dass der deutsche Standard erfüllt wird (separates Blinken während des Bremsens).
Die seltene Ausnahme: Wenn Nachrüsten unmöglich ist
Nur in extrem seltenen Fällen kann der Pflicht zum Warnblinker entgangen werden. Extrem frühe Oldtimer der sogenannten Messing-Zeit (Oldtimer mit Baujahren bis etwa 1915), die teilweise gar keine oder nur sehr rudimentäre elektrische Anlagen besitzen, können unter Umständen von der Nachrüstpflicht befreit sein. Um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, benötigst du ein detailliertes Sachverständigengutachten (z. B. von TÜV oder DEKRA), das die technische Unmöglichkeit des Einbaus bestätigt. Mit diesem Gutachten kann die Zulassungsstelle eine Ausnahme erteilen.
Die korrekte Nutzung der Warnblinkfunktion
Die Nachrüstung ist nur der erste Schritt. Als Fahrer eines Klassikers solltest du auch wissen, wann die Anlage zu betätigen ist. Der Gesetzgeber schreibt das Einschalten in folgenden Situationen zwingend vor:
- Bei einer Panne: Wenn dein Oldtimer aufgrund eines Defekts liegen bleibt und eine Gefahr für den fließenden Verkehr darstellt (zusätzlich zum Warndreieck).
- Beim Abschleppen: Sowohl das schleppende als auch das geschleppte Fahrzeug sind während des gesamten Vorgangs dazu verpflichtet, den Warnblinker zu aktivieren.
- Zur Warnung vor Gefahrenstellen: Wenn du am Ende eines Staus oder einer ähnlichen, plötzlich auftretenden Gefahrenstelle auf der Autobahn oder Landstraße anhalten musst, um nachfolgende Fahrer zu warnen.
- Bei extremer Langsamfahrt: Wenn dein Fahrzeug durch einen Defekt nur noch sehr langsam vorankommt und dadurch eine erhebliche Verkehrsbehinderung oder Gefahr darstellt.
Die Nachrüstung der Warnblinkanlage
Die fachgerechte Nachrüstung erfordert Grundkenntnisse der KFZ-Elektrik. Da es sich um ein sicherheitsrelevantes Bauteil handelt, sollte größte Sorgfalt angewandt werden. Auch um Kurzschlüsse oder gar einen Fahrzeugbrand zu vermeiden, solltest du auf fachmännische Werkzeuge und Materialien setzen und bei Bedarf einen sachkundigen Experten zu Rate ziehen.
Die Wahl der richtigen Warnblinkanlage
Nicht jede Anlage passt zu jedem Klassiker und es gilt, aus dem Angebot der verschiedenen Gesamtpakete und Bauteile die richtigen Artikel zu beziehen.
Bordnetzspannung:
Viele Oldtimer haben ein 12-Volt-Bordnetz, ältere Klassiker arbeiten hingegen noch mit 6-Volt-Bordnetzen (z. B. Vorkriegsmodelle). Wähle das passende Modell, das für deine Fahrzeug-Bordspannung ausgelegt ist.
Erdung/Polarität:
Prüfe im Voraus, ob dein Fahrzeug positiv (+) oder negativ (-) geerdet ist. Viele Oldtimer aus englischer Produktion sind positiv geerdet. Du benötigst dafür ein passendes Modul. Die Erdung deines Fahrzeugs erkennst du am Anschluss der Masse-Seite an deiner Starterbatterie.
Harmonische Integration im Oldtimer
Der Bedienknopf muss rot beleuchtet sein und bei betätigter Warnblinkanlage mitblinken. Er muss zudem im Sichtfeld des Fahrers liegen (StVZO-Anforderung).

Die Nachrüstung der Warnblinkanlage muss dabei aber keinesfalls den Charme deines Oldtimers einschränken. Achte auf eine zeitgenössische Optik, indem du Bauteile wählst, die optisch am besten zum Interieur deines Klassikers passen. Neben den weit hervorstehenden und groben Warnblinkblöcken können filigranere Versionen, an einer gut gewählten Stelle denselben Zweck erfüllen und dabei vielfach unauffälliger sein. Nutze z. B. ungenutzte Löcher, Aussparungen oder Blindkappen im Armaturenbrett oder der Konsole oder setze den Schalter anstelle des oft ungenutzten Zigarettenanzünders ein. Möglicherweise lässt sich mit entsprechenden Einzelteilen eine saubere Integration in dein Armaturenbrett erzielen. Idealerweise verwendest du Schalter oder Gehäuse, die den Charme der Bauzeit widerspiegeln.
Der elektrische Anschluss: Schritt für Schritt
Ist die Warnblinkanlage an einer geeigneten Stelle verbaut, so muss abschließend noch der elektrische Anschluss (Verkabelung) erfolgen.
Achtung: Arbeiten an der Elektrik dürfen nur bei abgeklemmter Batterie erfolgen! Immer zuerst die Masse abklemmen.
Grundlegende Vorgehensweise bei einer Standard-Nachrüstung:
- Batterie abklemmen: Trenne immer zuerst die Masse der Autobatterie, um Kurzschlüsse zu vermeiden.
- Stromversorgung der Warnblinkanlage herstellen: Versorge die Warnblinkanlage mit Dauerstrom (Klemme 30 – unbedingt abgesichert!) und Masse (Klemme 31).
- Blinkerkreise verbinden: Schließe die Anlage an den rechten und linken Blinkerkreis an.
- Funktionstest: Klemme die Batterie wieder an und teste sowohl die normalen Blinker als auch die Warnblinkanlage auf korrekte Funktion.
Das benötigte Werkzeug
Für die Nachrüstung einer Warnblinkanlage benötigst du kein Spezialwerkzeug. Standardwerkzeuge zur Bearbeitung der KFZ-Elektrik sind hingegen essenziell. In unserem Sortiment findest du hierzu beispielhaft:
- Spannungsprüfer oder Multimeter zur Durchgangsprüfung
- Elektronik-Seitenschneider
- Manuelle oder automatische Abisolierzange
- Crimpzange für isolierte Kabelschuhe
- Flachsteckverbinder
- Schrumpfschläuche und Isolierbänder
Kosten für die Nachrüstung einer Warnblinkanlage
Die Nachrüstung der Warnblinkanlage ist mit Kosten verbunden. Die Materialkosten für das Warnblink-Modul selbst belaufen sich auf eine Spanne von etwa 60 bis über 200 Euro. Hinzukommen die sonstigen benötigten Materialien. Entscheidest du dich für den Verbau durch einen Fachmann, so sind mit zusätzlichen Arbeitslohn-Kosten ab etwa 150 € (im einfachsten Fall) bis etwa 500 € und mehr zu rechnen (abhängig vom tatsächlichen Aufwand im Einzelfall).
Fazit: Maximale Sicherheit bei minimalem Eingriff
Als Besitzer eines Oldtimers ist es dein Ziel, ein Stück kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut zu pflegen und zu erhalten. Die Nachrüstung des Warnblinkers ist hierbei eine der wenigen Pflichten, die in aller Regel unumgänglich sind. Sie stellt einen minimalen Eingriff in die optische Authentizität dar, ist aber ein maximaler Beitrag zur Verkehrssicherheit und -tauglichkeit deines Klassikers.