Allgemeines Ratgeber

Oldtimer-Import aus Ländern innerhalb der EU - TEIL I: Warum lohnt die Suche im EU-Ausland?

Manchmal findet man das Wunschfahrzeug nicht in Deutschland, sondern im Ausland. Unterscheiden lassen sich der Import aus einem Land der Europäischen Union sowie der aus den restlichen Drittländern. In TEIL I beleuchten wir die allgemeine Situation beim Kauf innerhalb der EU und was die Suche im EU-Ausland attraktiv macht.

Renault R4 mit belgischem Kennzeichen auf Parkplatz
© Alexandre Prevot / Shutterstock.com

 

Oldtimer gibt es auf der ganzen Welt. Neben dem deutschen Markt kann der Traumwagen in allen Ecken des Globus entdeckt werden. Wir fokussieren uns im ersten Teil dieser Beitragsreihe darauf, warum die Europäische Gemeinschaft dem Oldtimerenthusiasten bei der Kaufabsicht hilft und warum wir uns insbesondere auch dort bei der Suche nach unserem Wunschklassiker umschauen können.

Die europäische Schatzsuche

Die Suche nach einem Oldtimer muss nicht an den deutschen Landesgrenzen enden. Wer offen für die Suche in den umliegenden Ländern ist, hat beste Chancen, auch dort fündig zu werden. Der große Vorteil der Zugehörigkeit zur Europäischen Union ist, dass sie den innergemeinschaftlichen Verkehr von Waren, wie es auch Oldtimer im weiteren Sinn sind, einfach und kostengünstig gestaltet.

  • Die Länder der Europäischen Union: Aktuell setzt sich die Europäische Union aus 27 Mitgliedsstaaten (Stand: Oktober 2025) zusammen. Im Einzelnen sind diese: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern.
  • Standortvorteil Deutschland: Deutschland liegt geografisch zentral innerhalb Europas. Die gute Verkehrsinfrastruktur und die durchschnittlich kürzeren Distanzen zu potenziellen Käufen stellen einen gewissen Standortvorteil dar.
  • Grundsatz der Zollfreiheit: Beim Kauf eines Oldtimers innerhalb der EU fallen aufgrund des EU-Binnenmarktes keine Zölle an. Auch Importsteuern (Einfuhrumsatzsteuer) werden nicht erhoben. In diesen Punkten verhält sich der Kauf eines Oldtimers im EU-Ausland wie der Kauf innerhalb Deutschlands.
  • Besonderheit bei der Umsatzsteuer: Kauft eine Privatperson von einem privaten Verkäufer, so fällt in Deutschland in der Regel auch keine Mehrwertsteuer an. Kauft die Privatperson hingegen von einem Händler im Ausland, so muss die im Herkunftsland übliche Mehrwertsteuer gezahlt werden. Im Gegenzug muss keine deutsche Umsatzsteuer entrichtet werden. Die Höhe der Mehrwertsteuersätze im EU-Ausland variiert um einige wenige Prozentpunkte und ist hier einzusehen.

Warum Oldtimer im EU-Ausland suchen?

Warum sollte ich nun nicht nur in Deutschland nach meinem Traumwagen suchen, sondern den Blick auch weiten und Länder wie Frankreich, Spanien, Italien, aber auch Polen und Griechenland in Betracht ziehen? Dafür sprechen viele Gründe:

Größere Auswahl

Die geografische Expansion des Suchradius auf das gesamte EU-Ausland vervielfacht die verfügbaren Angebote oft. Anstatt sich auf den nationalen Markt zu beschränken, erhalten Interessenten Zugriff auf eine vielfach größere Auswahl von Fahrzeugen in verschiedenen Ländern, was die Chance auf das wirkliche Wunschfahrzeug erhöht. Sei es bei der Ausstattung, der Farbkombination oder beim Zustand des Klassikers.

Andere Modelle

Jeder europäische Markt hat seine Eigenheiten und historischen Präferenzen, was zu einer Diversifizierung der Modellpalette führt, die in Deutschland möglicherweise nur schwer zu finden ist. In Südeuropa beispielsweise finden sich oft spezielle Kleinwagen oder Coupés, die aufgrund der damaligen Importbeschränkungen oder steuerlicher Vorteile nur dort populär waren. Ebenso wurden bestimmte, hierzulande unbeliebte Importmodelle in anderen EU-Ländern, teilweise auch in ihren Heimatländern, in deutlich größeren Stückzahlen verkauft. Diese regionalen Unterschiede ermöglichen es, Modelle zu entdecken, die nie offiziell importiert wurden oder in der deutschen Oldtimerszene eine absolute Rarität darstellen und genau deshalb einen speziellen Reiz ausmachen.

Attraktivere Preise

Ein signifikanter Anreiz für die Oldtimersuche im EU-Ausland ist das Potenzial, finanziell attraktivere Angebote zu finden. In manchen Ländern sind die Preise für bestimmte Klassiker aufgrund einer geringeren nationalen Nachfrage, unterschiedlicher Besteuerung oder eines generell niedrigeren Preisniveaus deutlich niedriger als hierzulande. Obwohl die Kosten für Anreise und Überführung einkalkuliert werden müssen, kann der Preisvorteil, insbesondere bei gängigen europäischen Modellen, so erheblich sein, dass sich der Import lohnt. Dies gilt vor allem für Modelle, die im jeweiligen Land zum normalen Verkehrsbild gehörten und daher heute günstiger angeboten werden.

Bessere Zustände / Erhaltung

Der Erhaltungszustand eines Oldtimers ist oft direkt mit den klimatischen Bedingungen des Standorts verbunden. In trockenen, südlichen Ländern wie Spanien, Italien oder Südfrankreich leiden die Fahrzeuge deutlich weniger unter Rostbefall als in feuchteren Regionen Mitteleuropas. Die milden Winter in diesen Gebieten bedeuten auch, dass Streusalz kaum oder gar nicht zum Einsatz kam, was die Karosserie und den Unterboden schont. Die Suche im Ausland kann also die Wahrscheinlichkeit maximieren, ein Fahrzeug mit einer gesunden, originalen Substanz zu finden, was die Restaurierungskosten im Nachhinein erheblich senken kann.

Alter Skoda mit ungarischem Kennzeichen auf einer Wiese
© GTS Productions / Shutterstock.com

Spezialisierung / Fokus

Bestimmte EU-Länder haben historisch bedingt eine tiefe Spezialisierung auf die Produkte ihrer nationalen Automobilindustrie entwickelt, was die Suche nach Originalteilen und Experten erleichtert. Ein Besitzer, der einen klassischen Ferrari oder Alfa Romeo fährt, wird in Italien eine viel größere Auswahl und eine höhere Konzentration an Fachbetrieben oder gar Vertragswerkstätten und historisch korrekten Ersatzteilen finden. Das kann zur Folge haben, dass Oldtimer in entsprechenden Ländern in verblüffenden Zuständen erhalten wurden, während die gleichen Modelle andernorts (insbesondere im Vor-Internet-Zeitalter) verbastelt oder aufgegeben wurden. Der Fokus schafft ganz allgemein oft eine höhere Dichte an Fachwissen und Originalität in der dortigen Oldtimerszene.

Das Abenteuer

Neben den rein rationalen Gründen ist die Oldtimersuche im EU-Ausland untrennbar mit dem Abenteuer verbunden. Es ist die Aufregung, eine Reise in ein anderes Land anzutreten, neue Kulturen und Menschen kennenzulernen, während man gleichzeitig der Leidenschaft für historische Fahrzeuge nachgeht. Die persönliche Besichtigung und der Kauf des Traumwagens im Ausland, die Kommunikation über Sprachgrenzen hinweg und die Rückführung des neuen Klassikers sind Erlebnisse, die weit über den normalen Kaufakt hinausgehen. Dieses Gefühl der Entdeckung und des Erfolgs macht die europäische Oldtimersuche zu einem Erlebnis, das in Erinnerung bleibt.

Fazit: Weil es geht

Letztendlich läuft die europäische Schatzsuche auf einen einfachen und zugleich überzeugenden Punkt hinaus: Weil es geht. Die Europäische Union hat durch den freien Warenverkehr und die Harmonisierung von Standards die Barrieren, die den Kauf eines Klassikers im Ausland einst kompliziert und teuer machten, praktisch beseitigt. Es gibt keine Zölle und der administrative Aufwand für die Überführung und Zulassung ist dank vereinfachter EU-Regeln und der Anerkennung von Dokumenten überschaubar geworden. Was früher oder im Falle des Kaufs in anderen Ländern eine komplexe Odyssee mit hohem Risiko sein konnte, ist hier eine unkomplizierte Erweiterung des heimischen Marktes. Die technische Machbarkeit und die rechtliche Vereinfachung machen die Oldtimersuche in Ländern wie Schweden, Portugal oder den Niederlanden zu einer logischen, praktikablen und manchmal lohnenden Option.

Ausblick auf TEIL II: Welche Herausforderungen bestehen und wie gestalte ich die Suche?

Nachdem wir die guten Gründe für die europaweite Suche beschrieben haben, folgt in Teil 2 die Frage der Schwierigkeiten und Herausforderungen sowie die Frage, wie Klassiker im EU-Ausland entdeckt werden können. Bleib gespannt!

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