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Grundlagenüberlegungen zu Zustand und Restauration von Oldtimern

Im Oldtimer-Kosmos ist das Themengebiet des Zustandes eines Fahrzeuges omnipräsent. An ihm definieren sich der Preis, der Fakt, ob das Auto problemlos und uneingeschränkt genutzt werden kann und die Art, wie das Fahrzeug grundsätzlich wahrgenommen wird. Aber hinter dem Zustand eines Oldtimers steckt noch viel mehr, wie wir in diesem Blogbeitrag beleuchten. Wir beschreiben wichtige Grundlagenüberlegungen zum Thema Oldtimer-Zustand und der Restauration von Fahrzeugen.

© Toms Svilans / Shutterstock.com

Der Zustand eines Oldtimers

Der Zustand eines Oldtimers ist ein in vielerlei Hinsicht entscheidendes und essenzielles Thema. Längst nicht jedes Fahrzeug ist im Zustand, in dem es die Werkshallen verlassen hat. Stehen die einen Klassiker "besser als neu" in einer gut temperierten und belüfteten Einzelgarage, so findet man andere zugewuchert im Garten eines dürftig gepflegten Einfamilienhauses. Ist das Fahrzeug im einen Fall im Handumdrehen fahrbereit, stellt sich im anderen die berechtigte Frage, ob es das jemals wieder sein kann. Und dazwischen existiert die Palette von Fahrzeugzuständen in jeglicher Ausprägung.

Oldtimerpreise in Abhängigkeit des Zustandes

Es ist kein Geheimnis: Oldtimerpreise profitieren von einem guten Zustand. Ein Blick in die Marktratgeber der bekannten Zeitschriften macht diesen Umstand auf einen Blick klar. Hier steht eine Preisspanne geschrieben, in denen Fahrzeuge eines Modells und der entsprechenden Motorisierung üblicherweise gehandelt werden. Die Spannweite ist riesig und macht in sehr vielen Fällen den Unterschied zwischen erschwinglichen Kosten und unerreichbarem Traum aus. Das Problem: wir sprechen nicht nur vom Preis, sondern auch vom Wert eines Klassikers. Beim Vergleich eines Topmodells und eines im schlechten Zustand kann der Differenzbetrag mehr oder weniger als der Wert zur Herstellung des guten Zustandes des erstgenannten verstanden werden. Damit sind Zustand 1-Fahrzeuge nicht grundsätzlich "unverschämt teuer" und Restaurationsobjekte in der Regel nie "spottbillig".

Patina - Die Spuren der Zeit

Ein geflügeltes Wort der Oldtimerbranche ist der Begriff "Patina". Auf Deutsch bedeutet die reine Wortübersetzung des italienischen Wortes eine dünne, verwitterte Schicht auf der Oberfläche von Materialien wie Metall, Holz, Stein oder anderen Oberflächen. An Fahrzeugen ist der Begriff natürlich etwas anders gefasst, die Intention ist aber dieselbe: Patinierte Oldtimer zeigen die Spuren der Zeit nach außen - sei es ein leicht verschlissener Lederüberzug der Sitzpolsterung oder leichte Gebrauchsspuren am Lack. In Oldtimerkreisen werden solche "Zeugen der Fahrzeugvergangenheit" oft mit Begeisterung gesehen. Viele sprechen den betreffenden Fahrzeugen einen besonderen Charme und Charakter zu. Zu beachten gilt folgender Umstand: der Grad zwischen Patina, ungewollter Abnutzung und Schaden ist fließend, aber hochindividuell bemessen. Ist der Zustand aber von der Allgemeinheit als verbraucht und schlecht angesehen, dann schlägt die Begeisterung meist um und die Empfehlung der Beseitigung jener Mängel häufen sich.

Stark patiniert Fahrzeugfront
© Raphael Fünfer / heritage-supplies.com

Zustandsnoten

Wir kennen das Notensystem noch aus unserer Kindheit. Die Note 1 ist "sehr gut", die 6 "ungenügend". Und natürlich gibt es die Abstufungen dazwischen. Gleiches System hat sich für die Zustandsbeschreibung von Oldtimern etabliert. Da die Zustandsnoten im Allgemeinen einen guten Überblick über den Status des Oldtimers und eventuell notwendiger Arbeiten an diesem geben, wollen wir sie an dieser Stelle mit der Kurzbeschreibung der Noten nach Vorbild von "Classic Data", dem Marktführer für die Bewertung klassischer Fahrzeuge, erläutern. Classic Data unterteilt die Fahrzeugbewertung in Zustandsnoten von 1 bis 5:

Note Bedeutung Beschreibung
Note 1 Makelloser Zustand Das Fahrzeug ist frei von Mängeln, Beschädigungen und Gebrauchsspuren. Dieser Zustand ist mit einer perfekten Vollrestauration zu erreichen und eher selten zu finden.
Note 2 Guter Zustand Es zeigen sich leichte Gebrauchsspuren, das Fahrzeug ist ansonsten aber mängelfrei. Fahrzeuge dieses Zustands sind fachgerecht restauriert oder im sehr gut erhaltenen und gepflegten Originalzustand. 
Note 3 Gebrauchter Zustand Fahrzeuge ohne gravierende technische und optische Mängel. Oldtimer dieser Klasse sind verkehrssicher und voll fahrbereit, sofortige Arbeiten sind nicht fällig.
Note 4 Verbrauchter Zustand Erhebliche Mängel und nur eingeschränkte Fahrtauglichkeit. Die Zuteilung einer gültigen Hauptuntersuchung würde nur mittels Reparatur erfolgen können. Der Status eines Oldtimers ist fraglich.
Note 5 Restaurierungsbedürftiger Zustand Umfangreiche Arbeiten an allen Baugruppen sind erforderlich. Das Auto ist nicht fahrbereit und gegebenenfalls nicht vollständig.

 

Zustand im Kontext des Oldtimergutachtens und der H-Zulassung

Die Zulassung als Oldtimer und die Zuteilung des H-Kennzeichens bedingt ein von einer technischen Prüforganisation erstelltes Oldtimergutachten nach § 23 StVZO.  Der TÜV Süd beschreibt in seinem "Anforderungskatalog für die Begutachtung von Oldtimern" die Anforderungen an den Zustand des Fahrzeugs:

 

"Eine positive Begutachtung setzt grundsätzlich die Einhaltung folgender Bedingungen voraus:

  • ohne erkennbare technische Mängel im Sinne der StVZO unter Berücksichtigung des damaligen Standes der Technik und Vorschriftenlage,
  • nur leichte für kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut angemessene Gebrauchsspuren (Patina ja, aber Fahrzeug nicht „verbraucht“),
  • kein Fehlen wesentlicher Teile,
  • keine erkennbaren Unfallrestschäden oder Anzeichen unsachgemäßer Instandsetzung und
  • die wesentlichen Baugruppen befinden sich weitgehend in Originalkonfiguration, im Originalzustand oder im nachweislich zeitgenössischen Zustand.

Entspricht das Fahrzeug nicht diesen Bedingungen, ist eine positive Einstufung als Oldtimer zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes im Regelfall nicht möglich."

 

Mit Blick auf die oben beschriebenen Noten lässt sich damit sagen, dass den Zustandsnoten 4 und 5 der Oldtimerstatus verwehrt bleiben sollte. Da Fahrzeuge dieser Einordnung wie beschrieben aber in aller Regel aus technischen Gründen keine Abnahme gemäß § 29 StVZO (Hauptuntersuchung / "TÜV") bekommen, relativiert sich die Problematik. Autos über 30 Jahre, die verkehrssicher sind und auch sonst in optisch und technisch akzeptablen Zustand sind, sollten gute Chancen haben, als Oldtimer anerkannt zu werden. Fahrzeuge der Noten 4 und 5 bedürfen einer Teil- oder Vollrestauration.

Die Oldtimerrestauration

Die Restaurierung von Oldtimern kann ein großartiges Hobby sein für alle, die sich daran wagen. Wer ein solches Projekt etwa mit seinem Kind oder Enkel angeht, kann gemeinsame Erfahrungen für die Ewigkeit schaffen. Wer sich für Autos interessiert, sich aber fachlich noch wenig mit ihnen befasst hat, kann riesige Sprünge im technischen Verständnis machen.

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Der Begriff Restauration

Die Wiederherstellung des Originalzustands von Fahrzeugen - hier spricht man von einer Restauration. Natürlich sind nicht alle Restaurationen bis ins letzte Detail identisch. So kann man bereits den ersten Satz einschränken, denn die Tiefe einer Oldtimerrestauration muss nicht immer dieselbe sein - der Originalzustand ist oft überhaupt nicht das Ziel der Unternehmung. Allgemeiner gesprochen geht es aber immer um die Verbesserung des Zustands - meist mit dem Ziel, mit dem Fahrzeug wieder auf die Straße zu können.

Sinn und Zweck einer Restauration

Mit Blick auf das Restaurationsobjekt selbst und trotz der beschriebenen verschiedenen Tiefen, sind Sinn und Zweck klar und allgemein zu benennen: Der Status Quo soll verbessert werden. Was in der Schule das Ziel der Bemühungen war, ist es auch bei der Restauration: Die ärgerliche 4 soll der Note 3, 2 oder gar 1 weichen. Im Kontext des Klassikers zeigt sich der Effekt dann zum Beispiel in

  • einer verbesserten Optik,
  • einer wiederhergestellten Funktion,
  • der Verbesserung von Fahreigenschaften,
  • der Erhöhung der Zuverlässigkeit oder
  • dem Schutz der vorhanden Patina.

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Die verschiedenen Restaurationstiefen

Oldtimerrestaurationen lassen sich in zwei Hauptausprägungen - unterscheidbar nach dem Umfang der Aufgaben - einteilen:

Teilrestauration:

Die Teilrestaurierung konzentriert sich auf einzelne Teilbereiche am Fahrzeug. Diese können z.B. sein:

  • Karosseriearbeiten und Lack
  • Motor, Getriebe und Antriebsstrang
  • Fahrwerk & Bremsen
  • Fahrzeugelektrik
  • Innenraum, Polsterung etc.

Die Arbeiten an der Fahrzeugtechnik können von außen betrachtet gänzlich unbemerkt bleiben, aber einen erheblichen Einfluss haben. Vom Austausch eines gerissenen Sitzpolsters auf der anderen Seite kann den Ersteindruck maßgeblich profitieren. Nicht für jede Restauration muss das große Rad gedreht werden.

Vollrestauration:

Die Vollrestauration gilt als die aufwendigste Art der Wiederherstellung. Üblicherweise werden das gesamte Fahrzeug und die einzelnen Baugruppen für diesen Zweck zerlegt, aufbereitet und wieder zusammengebaut. Der Begriff "Frame-Off-Restauration" beschreibt diese Art der Restauration und hat seinen Namen aus dem Umstand, dass dies bei vielen (älteren) Oldtimern bedeutet, dass die Karosserie vom Rahmen getrennt wird (Frame-off = "vom Rahmen herunter"). Im Grunde kann die Vollrestauration also als die Zusammenfassung aller Arten der Teilrestauration verstanden werden - mit allen Folgen in Sachen Zeit-, Arbeits- und Kostenaufwand.

Unsere Empfehlung

Wir möchten an dieser Stelle nicht zur Vollrestauration animieren oder dich von deinem Wunsch abbringen, einen Oldtimer zu restaurieren. Wir möchten aber mehrere offene Fragen ohne Beantwortung in den Raum werfen, für den Fall, dass du über ein Restaurationsprojekt nachdenkst, und anschließend unsere ehrliche, aber simple Empfehlung aussprechen. Denn nicht selten sind Restaurationen voller Elan gestartet und dann doch stagniert, weil der Berg an Arbeit das Ziel verdeckt.

  1. Was erwartest du von deinem Restaurationsprojekt?
  2. Willst du mit deinem Fahrzeug fahren oder daran schrauben?
  3. Bist du dir zu Umfang, Anforderungen und Kosten der Restauration im Klaren?
  4. Hast du den Platz und die Geduld für ein solches Projekt?

Viele begeisterte Oldtimerschrauber haben einen fahrbereiten Klassiker für das Freizeitvergnügen an wirklich schönen Tagen in der Garage stehen und schrauben ohne Zwang und immer dann, wenn sie die Lust verspüren. Teilrestaurationen sind teilweise in absehbarer Zeit durchgeführt, Vollrestaurationen brauchen oftmals viele Jahre bis zur Fertigstellung. Unsere Empfehlung: Übernehme dich nicht mit deinem Vorhaben.

Fazit zu Zustand und Restauration von Fahrzeugen

Der Zustand und die Restauration von Klassikern sind große Themenfelder im Umfeld des Oldtimerhobbys. Die Themen werden umfassend, emotional und kontrovers diskutiert, manifestieren sich aber in ganz praktischen Gesichtspunkten und im Kostenaspekt - Autos in Topzustand kosten ein vielfaches dessen, was Fahrzeuge im schlechten Zustand kosten und sind fast ausschließlich mit einer fachgerechten Vollrestauration erreichbar. Oldtimer müssen nicht "besser als neu" sein, um Bewunderung und Staunen auszulösen. Manchmal schafft das ein patinierter Originalzustand viel eher.

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